Ein Journalist wird seit zwölf Jahren seiner Freiheit beraubt. Das sind ca. 4.300 Tage, 103.000 Stunden, 6,3 Mio. Minuten. Seit Juni 2012 ist Julian Assange ein Gefangener und spürt am eigenen Leib und der eigenen Psyche den langen Arm der „Ver(unr)einigten Staaten von Amerika“.
Er büßt für etwas, für das er eigentlich den Friedensnobelpreis verdient hätte. Sein „Verbrechen“ war, dass er die US-amerikanischen Streitkräfte, deren Geheimdienste und Regierungen schlecht hat aussehen lassen. Viele von Ihnen können sich vielleicht noch an die von seiner Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichten Dokumente über die Kriegsverbrechen der US-Truppen im Irak erinnern: Szenen aus einem Apache-Helikopter heraus gefilmt, welche incl. Tonspur zeigten, wie US-Soldaten Zivilisten und REUTERS-Mitarbeiter abmetzelten und sich auch noch hämisch darüber freuten.
Nachdem er sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London Zuflucht gesucht hatte, sitzt er nun schon seit fast fünf Jahren im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsch ein. Die USA fordern vehement seine Auslieferung. Der Ex-US-Außenminister Mike Pompeo plante laut Zeugenaussagen Assanges Entführung und Tötung. Amerikas Führung will die Vernichtung eines Journalisten, welcher nichts anderes getan hat als seine Arbeit? Spiegel, New York Times und der Guardian waren damals noch mutig und hatten das Material von Assange bereitwillig ebenfalls veröffentlicht. Den Journalisten dort passierte nichts. Aber derjenige, welcher das Material zuerst von Insidern und Whistleblowern zugesteckt bekommen hatte, der wird körperlich und geistig fertig gemacht. Ist das der „Wertewesten“, für den wir so gerne streiten wollen?
Julian Assanges letztmalige Anhörung mit umfassendem rechtlichem Gehör im Ver(unr)einigten Königreich fand am 20./21.02. vor dem High Court of Justice statt. Ich selbst war einer von weltweit nur acht Journalisten, welche den Prozess live vor Ort mitverfolgen konnten. Man wollte wohl nicht allzu viel Öffentlichkeit haben. Warum ausgerechnet ich als Herausgeber einer deutschen Bürgerzeitung in den erlauchten Kreis eintreten durfte, ist mir allerdings ein Rätsel. Vielleicht weil man bei Verstößen gegen die Gerichtsauflagen mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bedroht wurde?
Jedenfalls war das Anhören der insgesamt ca. 12 Stunden Verhandlung eine Qual. Jedes Mal, wenn die Richterin ihre Stimme erhob, flog einem fast das Trommelfell raus. Die Einlassung der Verteidiger Julian Assanges waren dagegen kaum zu verstehen. Vermutlich weil man deren Mikrofon in der Nähe der Stenografin gestellt hatte und man deshalb – statt deren Ausführungen – ständig das Steno-Tippen mitanhören musste?
Die Stimmung VOR dem Gericht dagegen war hervorragend. Die von Julian Assanges Frau Stella Assange mitorganisierte Demo war beeindruckend. Beeindruckend auch die „Media-Coverage“: u.a. ARD, ZDF, BBC, France24, RTL/NTV, das norwegische Staatsfernsehen waren aus dem „Mainstream“ da und berichteten ebenfalls über das Verfahren. Von den Alternativen waren neben KLARTEXT auch die TV-Kollegen von AUF1 vor Ort und berichteten – ausführlich und auch nicht einschüchternd.
Einschüchternd? Ja, so kann man den 8-minütigen Beitrag zum Assange-Prozess in der ARD-Tagesschau vom 20.02.24 bezeichnen. Dort erfuhren Journalisten und potentielle Whistleblower, dass man eigentlich keine Chance hat, wenn man dem „großen Bruder“ auf die Füße tritt. Denn: Wenn auch nur ein einziger „Rechtsstaat des Wertewestens“ einen Journalisten für 175 Jahre hinter Gitter bringen will, diesem in einem solche Fall auch kein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte mehr helfen wird. Schließlich gehen die Straßburger Richter davon aus, dass die unabhängige Justiz des wertewestlichen Rechtsstaates alles schon genau und korrekt geprüft hat. Das wird dann schon alles so seine Richtigkeit haben. Punkt. Absatz. Ende der Durchsage.
Ich fordere die sofortige Freilassung von Julian Assange. Ich lade ALLE Journalisten ein, diese Forderung laut und deutlich und in Großbuchstaben zu wiederholen…
– FREE ASSGANG NOW – FREE ASSANGE NOW – FREE ASSANGE NOW –
…und dies so lange zu wiederholen, bis die Bidens, die Scholzens, die Sunaks und die Macrons dieser Möchtegern-Demokratien endlich nachgeben. Stattdessen könnten diese zur Abwechslung mal die Kriegsverbrecher in den eigenen Reihen inhaftieren und vor ordentliche Gerichte stellen. Die Liste der Kriegslügen und -verbrechen des Westens, sie ist schließlich lang, sehr lang. Diese „Kriegslügen“ finden Sie in der Onlineversion dieses Artikels incl. einer Linkliste zum aktuellen Prozesstand: https://cutt.ly/Nw2lrwpj
Zum Abschluss noch eines meiner Lieblingszitate von Julian Assange:
„Einige der wenigen Dinge, die mir Hoffnung machen, ist, dass ich herausfand, dass jeder Krieg der letzten 50 Jahre ein direktes Resultat von Medienlügen war. Die Medien hätten jeden dieser Kriege verhindern können, wenn sie nur tief genug recherchiert hätten. Und sie hätten jeden dieser Kriege stoppen können, wenn sie sich nicht nur darauf beschränkt hätten, offizielle Regierungspropaganda zu verbreiten.„
Autor: Chris Barth, Herausgeber von KLARTEXT Rhein-Main